Das Freibad
bleibt zu. Im Oberen Bottwartal fällt Schwimmen und Baden in diesem Sommer aus.
Baden gegangen sind vielmehr die Hoffnungen vieler Mitbürger auf etwas
Normalität in Corona-Zeiten. Der Zweckverband des Mineralfreibades ist in
unsicheres Fahrwasser geraten und die Gemeinderäte von Beilstein und
Oberstenfeld stehen als begossene Pudel da.
Dürfte man
direkt zusammenrechnen, dann hätten die Ortsgremien (Beilstein 15:4,
Oberstenfeld 9:10) in deutlicher Mehrheit mit 24 zu 14 Stimmen für eine Öffnung
des Bades gestimmt. Ein ungeeignetes Verbandsrecht mit Fallstricken und die
Selbstermächtigung von mandatierten Ausschussmitgliedern führte im Zweckverband
zur Nicht-Beschlussfassung und am Ende zum Beibehalt der aktuellen Schließung.
Wegen den Vorgaben des Kommunalrechts könnte über die Öffnung frühestens
wieder in einem halben Jahr, also an Weihnachten, beraten werden. Bei wenig
weihnachtlichen 30 Grad Sommerhitze wird gegenwärtig an der Einwinterung (!)
des Bades gearbeitet.
Ja – es wäre ein Wagnis geworden, organisatorisch und finanziell. Aber in Zeiten, in denen Sommerferien keine echten Ferien sind und für viele Familien die Urlaubsreise im Sommer ausfällt, hätte ein Freibadbesuch – trotz aller Einschränkungen – ein Stück Abwechslung bedeutet. Vereinsschwimmen wäre möglich gewesen, ältere Mitbürger hätten sich zum Wohl ihrer Gesundheit im Wasser bewegen können.
Was die Finanzen angeht, haben die Öffnungsgegner nicht verstanden, dass die für 2020 sowieso notwendigen Gelder jetzt nutzlos ausgegeben sind. Pikanterweise entspricht die Summe von 100.000 Euro, die auf Beilsteiner Seite mit der Schließung gespart werden soll, exakt dem Betrag, den die hiesigen Bade-Verhinderer im Februar als Zusatzausgabe im städtischen Haushalt haben wollten.
Durch das nicht Einhalten seines Mandats hat ein Beilsteiner Vertreter der
Bürgerliste den eigentlichen Anliegen seiner Fraktion – der Sorge um Mehrkosten
sowie den Hinweisen auf die Unsicherheit von Prognosen oder die schwierige
Organisation eines provisorischen Badebetriebs – einen Bärendienst erwiesen.
Denn jetzt geht es nicht mehr darum, die Sachthemen und finanziellen Folgen zu
diskutieren. Ins Zentrum rückt nun die Frage, wie man damit umgeht, wenn
Mandatsträger mehrheitlich gefasste Beschlüsse nicht akzeptieren und durch ihr
Verhalten sogar ins Gegenteil verkehren. Wer in demokratischen Gremien
mitwirken will, sollte sich demokratischen Grundprinzipien nicht verweigern.
Innerhalb des Zweckverbandes Mineralfreibad Oberes Bottwartal müssen jetzt die
Wogen geglättet und Entscheidungsprozesse neu definiert werden. 45 Jahre
erfolgreiche Zusammenarbeit dürfen nicht durch ein Ausnahmejahr, unzureichende
Rechtsvorschriften und die Nachwirkung von Abstimmungs-Kapriolen beschädigt
werden.
Dr. Dietmar Rupp